1. Preisträgerin: Stefanie Bubert

Mit sicherer Bestimmtheit, zupackendem Temperament und rasanter Schnelligkeit ist eine Form aufs Papier gebracht, die durch die Beischrift bezeichnet wird: „Ball“, „Blume“, „Becher“. Die Form wird zum Begriff, zur allgemeinen Vorstellung, und der Begriff wird zur Form. Der schnell gemalte Umriss bildet keinen Gegenstand ab, er deutet ihn nur an. Zugleich erzeugt die Form den Eindruck von Vollständigkeit, sie hat eine deutliche Gestalt, eine klare Farbe und entschiedene Umrisslinien.

Es ist wichtig, dass der Gegenstand nicht abgebildet wird: Er wird mit bildnerischen Mitteln als Vorstellung erzeugt. Es entsteht eine Idee, in der sich Bild und Begriff vereinen – durchaus im platonischen Sinn: Man sieht nicht den Gegenstand Ball, sondern den Ball „an sich“. Dazu kommt das Momenthafte, die Wahrnehmung der Form auf einmal, ihre Deutlichkeit, ihre Identifizierung mit einem knappen Begriff und die sichtbar schnelle Malweise, bei der es keine Details gibt und keine zeitraubende Genauigkeit.

Von dem Konzeptkünstler Joseph Kosuth gibt es eine Arbeit von 1965, “One and Three Chairs”. Sie besteht aus einem realen Stuhl, dessen Fotografie und einer Lexikondefinition des Wortes „Stuhl“. Bei einer späteren Ausstellung dieses Werks entstand das Problem, dass im gesamten Museum zwar alle möglichen Sitze zu finden waren, aber kein Stuhl, der zur Grundvorstellung des Begriffs passte. Stefanie Buberts Bilder vermitteln das Glück einer Idee, die sich im Betrachter beim Anschauen bildet. Bild und Begriff gehen ineinander auf, ohne auf eine andere Realität hinzuweisen. Man sieht die Idee.